Die traditionsreiche Halle in der Oranienstraße nahm am Wochenende des 11. und 12. August 1978 mit dem "Mauerbaufestival" seinen Betrieb wieder auf, meinem 6. Geburtstag! Eine meiner ersten Punk-Konzert-Erfahrungen hatte ich dort Anfang der Neunziger bei einem Auftritt der Terrorgruppe, wo mir der Sänger von der Bühne direkt ins Gesicht rotzte und ich Punkkonzerte weiter doof fand, die Musik aber liebte.

Nun, es sind viele Jahre vergangen undviele Schlachten geschlagen. Bereits am 02.09.2009 fand ein legendäres Hosen-Konzert im SO36 statt, Ticket wäre vorhanden gewesen, aber leider machte der Job einen Strich durch die Rechnung. Also musste noch einige Zeit ins Land gehen, um in diesem kleinen, feinen Traditionsladen meine Lieblingsband zu erleben. 800 Leute passen ins SO36. Lange Zeit wurde dieses Konzert unter größter Geheimhaltung in der Gerüchteküche gehandelt, eigentlich sollte es schon im August stattfinden, jedoch hatte Campino bekanntlich einen Hörsturz und es folgte im Sommer eine kurze Tourpause.

Die Geheimhaltung fand dann ein jähes Ende, als die Hosen selber über den Newsletter dieses Konzert und den Vorverkauf ankündigten. Also ging es pünktlich an den Online-Vorverkauf im Kaufmich-Shop. Doch wie zu erwarten, war das Ding in Sekunden ausverkauft, der Server brach zusammen und ich auch.
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Nun gut, das wars, oder? Es sollte noch einen kleinen Teil Restkarten an der ebenso traditionsreichen Theaterkasse KOKA36 geben. Wer kann sich nicht an den Vorverkauf für das Hosen-Konzert 2009 erinnern? Es gab nur dort Tickets, kein Online-Vorverkauf und die Leute stellten sich am Vortag an, die Oranienstraße war voller Menschen, die auf Tickets für die Hosen hofften. Damals gab es das ganze Kontingent dort, diesmal nur eine unbekannte Restmenge. Ich kann mich noch an die Berichte der Leute erinnern, die erleben durften, wie kurz vor ihnen, das letzte Ticket über den Tresen ging und dann nach einer schlaflosen Nacht enttäuscht nach Hause gingen.



Außerdem - vor nem Ticket-Kiosk übernachten? Wer macht denn sowas? Ich hab sowas noch nie gemacht, steht das irgendwo in einem dieser "Dinge-die-man-im-Leben-unbedingt-machen-muss"-Bücher? Dann kamen auch noch die ersten Fragen der glücklichen Ticket-Inhaber: "kommst Du auch? Stell Dich halt am KOKA an!"    Nee, Nee... Lasst mal gut sein... Allein das Bild von 2009 muss Abschreckung genug sein, außerdem ist ja nun das Konzert und der Vorverkauf im November!

Also kam es wie es kommen musste, das Wetter am besagten Novembertag, war ganz gut gemeldet und einige Berliner Freunde boten Unterstützung an.

Am Morgen des Vortags schaute eine Freundin auf dem Weg zur Arbeit am KOKA vorbei und es war nichts zu sehen, außer einem einsamen Jungen auf einer Couch. Also, Urlaub für den nächsten Tag eingereicht, zeitig den Feierabend eingeläutet und auf gehts nach Berlin.



Am späten Nachmittag in der Oranienstraße angekommen,



etwa 10 Leute standen vorm KOKA und es waren noch gute 17 Stunden bis zum Verkaufsstart. Mit einer Flasche Rotwein, dick eingepackt mit Skiunterwäsche und einem geliehenen Campingstuhl, gesellte ich mich dazu. Eigentlich kannte man ja doch alle die bereits dort waren und noch kommen sollten. Ich bekam 50 Meter vom KOKA einen Parkplatz, was wirklich gut war,sollte es noch Regnen oder Schneien. Jetzt stellte sich noch die Frage, wie die Nacht ablaufen sollte, wie man seinen Platz behält, wenn man mal aufs Klo oder was Essen geht. Hier kamen die Profis zum Einsatz. Gibt Leute, die machen das wohl öfter. Also das funktionierte folgendermaßen. In der Reihenfolge wie man angekommen war, erhielt man nach einiger Zeit eine Nummer mit Edding auf die Hand und wurde in eine Liste eingetragen. Ich hatte die Nummer 12 und da jeder nur ein Ticket bekam, war ich guter Dinge morgen beim Konzert dabei zu sein. Die Liste wurde bis zur Nummer 197 geführt. Wie viele Tickets wird es wohl geben?



Zwischendurch schaute auch das KOKA-Team mal raus, anfangs von der Liste nicht begeistert, setzten sie diese am nächsten Morgen jedoch ganz akkurat um. Es gab auch hier keine Auskunft über die vorhandenen Tickets, nur über den Ablauf. Immer nur zu zweit in den Laden, nur Barzahlung, jeder nur ein Einlass-Bändchen, was auch direkt angelegt wird.
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Ruhe Bewahren und sich nicht in der Warteschlange volllaufen lassen.

Die KOKA 36 besitzt 2 "hochmoderne" Arbeitsplätze, demenstsprechend werden immer nur 2 Personen gleichzeitig eingelassen und bedient.

Geld hin legen, Arm ausstrecken, Bändchen anlegen, glücklich sein.

Zügig den Laden verlassen, der hinter Euch möchte auch ein Bändchen.
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Ja, die Couch, die war natürlich viel Wert. Die steht da nicht immer und war auch nicht vom KOKA. Vielmehr entdeckten diese aufmerksame Hosen-Fans, die bereits Tickets hatten und brachten diese weit vorher in die richtige Position. In Berlin findet man halt immer mal ne Couch an der Straßen-Ecke. Es wurde gemütlich, einer packt nen Camping-Kocher aus und es wurde Glühwein spendiert. Zwischendurch immer mal Besuch, es wurde sich gekümmert.

Und dann irgendwann der Knaller.
Kommt ein Pizza-Moped und der Fahrer schreit meinen Namen! Nanu? Wir haben doch gar nichts bestellt!
Aber die Raketen vom www.dth-dta.de Tourdatenarchiv!!!

Toby hat an uns gedacht und einfach mal ein paar Pizzen gesendet! Geile Aktion, Geiler Typ!
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Auch Die Toten Hosen sendeten einen Gruß. Ein Crew-Mitglied brachte ein paar Kisten SO36 Bier, die Jungs seien noch in Düsseldorf und finden geil, dass hier schon einige verrückte abhängen.

Die regelmäßigen Toilettengänge wurden im Trinkteufel abgehalten und dabei auch noch das ein oder andere Getränk konsumiert.






Die Nacht war feuchtfröhlich und verging eigentlich ziemlich schnell, ein bisschen geschlafen wurde auch und ab 07:00 wurde die Schlange zusehends länger.
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Punkt 09:00 Uhr öffnete das KOKA seine Pforte, als erstes durfteRolli- Basti, der die Nacht im Rollstuhl vor der Tür verbracht hatte, hinein. Ich schob ihn über die Schwelle und wurde wieder raus geschickt, ich hatte ja schließlich die Nummer 12. Ein paar Minuten später war es dann soweit, ich hatte das Bändchen zum Glück. Wir warteten dann noch ab, um zu sehen, wie viele Tickets es gab und ob die Liste reichte. Es wurden dann 220 Tickets verkauft. Und tatsächlich bekamen Leute noch Tickets, die erst um 08:30 Uhr ankamen. Wenn man das vorher gewußt hätte, aber dann hätte man ja auch was verpasst. Zwischen den ganzen nummerierten Wartenden, war ein Mädel, die meinte sie braucht keine Nummer und tatsächlich wurde sie nicht hineingelassen, erst als alle 197 Listenplätze ihr Ticket hatten durfte sie sich ihr Bändchen kaufen. Ja dann gab es noch 32 Leute ohne Nummer, die Glück hatten, die restlichen paar Hundert hatten dann leider Pech.

die beiden Glücklichen, die die letzten beiden Bändchen ergatterten
 
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